Die 10 Phasen des Schreibens


Backstage / 1. Jun 2018

Meine persönlichen Phasen des Schreibens.

Eins vorne weg: Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zu den Phasen des Schreibens habe ich jetzt alles von der Idee bis zur Veröffentlichung (als Selfpublisher) gezählt. Sicherlich können die einzelnen Phasen anderes gesetzt oder weiter unterteilt werden. Mitunter ist der Übergang zwischen den einzelnen Phasen fließend. Aber so lange alles mit einer kleinen Portion Augenzwinkern betrachtet wird, wird alles gut.

Alles klar? Fangen wir an: Wir wollen eine Geschichte schreiben.

Phase 1: Am Anfang steht die Idee ...

Ganz zu Anfang geht es darum, eine gute Idee finden bzw. sich für eine Idee entscheiden. Sobald dies erfolgt ist, gilt es zu prüfen, ob diese Idee auch genug Potential hat, um eine ganze Geschichte zu tragen. (Achtung Spoiler: Nein, eine Idee ist nur der Ausgangspunkt und keine ganze Geschichte).

Egal wie, irgendwann ist sie da, diese eine Idee, die sich festgebissen hat. Und die sich auch schon soweit entwickelt hat, dass sich ebenfalls der Grundgedanken für die Geschichte herauskristallisiert. Also kann es weiter gehen mit Phase 2.

Phase 2: Plotten

Für einige läuft es besser, wenn sie vorher ihre Gedanken und den genauen Ablauf der Geschichte festgehalten und geplant haben. Aber … ich mag Überraschungen. In Maßen. Denn: Die Dosis macht das Gift.* Deswegen plotte ich nur die grobe Struktur, entwerfe meine Charaktere und schaue, welche Hintergrundinformationen ich brauche, damit ich beim Schreiben durch Recherche nicht (übermäßig) wieder herausgerissen werde.

Phase 3: Schreiben

Ich für meinen Teil schreibe erst einmal was mir in den Sinn kommt und was die Finger hergeben. Sei es nun Geschichte, Gedicht oder Blogartikel. Denn ich habe für mich festgestellt: Ich kann kein leeres Blatt korrigieren. Fange ich gleich an mir Gedanken über ausgefeilte Formulierungen zu machen … dann sitze ich Stunden später immer noch vor einem leeren Blatt bzw. Bildschirm. Einen vorhandenen Satz kann ich allerdings überarbeiten. Es entsteht also in jedem Fall erst einmal eine Rohversion mit zum Teil abenteuerlichem Inhalt, Rechtschreibung und Interpunktion.

Phase 4 & 5: Überarbeitung, zum Ersten und Zweiten

Nun ist es an der Zeit aus der Rohversion eine “lesbare” Variante zu machen. Also, den Text das erste Mal auszuformulieren, Struktur hineinbringen, Absätze und wörtliche Rede zu formatieren sowie die allgemeingültigen Rechtschreibregeln anzuwenden. Einige Szenen fliegen hier bereits raus, andere kommen hinzu. Unterm Strich wird bei mir der Text an dieser Stelle erst einmal wieder länger.

Danach geht es an die Substanz. Der berüchtigte Innere Kritiker wird von der Leine gelassen und darf durch den Text wüten: Macht diese Stelle, diese Formulierung Sinn? Braucht es diese Szene? Kann diese Szene kürzer? Muss diese Szene länger? Diese Überarbeitung kann wirklich hart sein. Stichwort: Kill your Darlings … schnüff.

Ach ja – Rechtschreibung, Zeichensetzung usw. sollten nochmals kontrolliert werden.

Phase 6: Testleser & 3. Überarbeitung

Nun ist es soweit: Die ersten außenstehenden Leute dürfen deine Geschichte lesen und ihre Meinung gnadenlos kundtun. Aber gute Testleser weisen dich auf noch vorhandene Plotlöcher, Unklarheiten, Geschwafel usw. hin. Mitunter hauen sie dir auch noch deine Zeichensetzung um die Ohren.

Ja, auch das kann hart werden. Denn man kann sich noch so viel Mühe geben – man wird betriebsblind für seinen eigenen Text. Perfektion wird man alleine nie erreichen. (Falls überhaupt, aber nahe dran ist auch ein Ziel.) Also sammelst du nach dem Urteil der Testleser dein Manuskript (und mitunter dein Selbstwertgefühl) wieder ein und setzt dich daran, die Anmerkungen der Testleser einzuarbeiten.

Phase 7: Lektorat & Korrektorat & 4. und 5. Überarbeitung

Die (gröbsten) Fehler sollten nun raus sein – aber für den Text ist es sicherlich nur das Beste, wenn noch eine weitere, unabhängige Instanz sich ebenfalls seiner annimmt. Es folgen also weitere Überarbeitungsrunden.

Phase 8: Titel, Klappentext, Buchsatz & Cover

Nachdem der Inhalt nun steht, wird es höchste Zeit sich um die “Verpackung”, die Präsentation und die innere Form zu kümmern. Hört sich vermeintlich harmlos an, aber ist immer noch viel Arbeit.

Zunächst einmal braucht das Kind einen Namen. Vielleicht ist er schon da, der perfekte Titel. Vielleicht hat er sich beim Finden der Idee, beim Schreiben oder beim Überarbeiten herauskristallisiert, aber falls nicht: Jetzt wird es Zeit sich auf die Suche nach dem passenden Titel zu begeben.

Dann etwas mit dem ich mich bisher schwertue: dem Klappentext. Essentiell, um die potentielle Leserschaft neugierig zu machen. Aber ich finde es eine Herausforderung, den Inhalt des Buches auf wenige Zeilen herunter zu brechen ohne zu viel, aber dennoch genug zu verraten.

Weiter geht es mit der inneren Form. Sie muss stimmen, denn ein chaotischer Buchsatz stört den Lesefluss gewaltig.

Und schließlich die passende Verpackung, das Cover. Welches man besser machen lassen sollte, falls man nicht gerade Grafikdesigner*in ist.

Phase 9: Veröffentlichen – welcher Anbieter?

Mittlerweile stehen Selfpublishern eine Reihe von Anbietern zur Auswahl. Gerade in den letzten Jahren ist dieser Markt ordentlich im Wandel. Meine erste Übersicht zu dem Thema hatte ich 2018 erstellt, diese war bis 2020 nahezu unverändert. Inzwischen müsste ich diese jedes Jahr neu anpassen. Daher ist die Übersicht für ebook-Distributoren (Stand: 15.08.22) inzwischen wahrscheinlich leider veraltet, die für Print-on-Demand Anbieter (Stand: Juli 2023) bisher noch auf aktuellem Stand.

Phase 10: Hinaus in die Welt – und sag es auch der Welt, sprich: Marketing.

Der Text steht, wurde auf Herz und Nieren geprüft. Titel, Klappentext, Cover und Co. sind fertig. Der Anbieter ist ausgewählt … also, trau dich: Der Text darf in die Welt.

Und mach dir auch Gedanken, wie du der Welt mitteilen möchtest, dass da jetzt ein neues Buch ist, das nur darauf wartet entdeckt und gelesen zu werden. Freunde, Familie sind ein Anfang – aber mit Sozialen Medien, Lesegruppen & -aktionen, Blogartikel, Rezensionen, Preisaktionen geht es weiter. Die Liste ist vielfältig, nicht alles ist für jeden geeignet. Aber man sich sollte sich mit dem Thema auseinandersetzen.

Und jetzt: Tief durchatmen, freuen, feiern – und das nächste Projekt in Angriff nehmen.

Und ich?

Nach zwei Jahren Arbeit war es im 2019 soweit und ich habe mein Debüt “Katzenagenten – Bedrohung aus dem Nebel” veröffentlich. Inzwischen hat dieser Band in der dritten Auflage sein endgültiges Aussehen bekommen. Band 2 ist immer noch in Arbeit.

Im August 2023 wagte ich mich in einen anderen Bereich und veröffentlichte meinen ersten Gedichtband.

Moment, habe ich da nicht etwas Vergessen? Ach ja, natürlich gibt es noch:

Phase X: Die Phase des Verzweifelns

Diese Phase hat keine vorgeschriebene Position, sondern ist flexibel einsetzbar. Soll heißen, sie lässt sich an jeder Stelle, beliebig oft und in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen einfügen. Sie darf aber auch ausgelassen werden …

*Für Angeber: Original nach Theophrastus Bombast von Hohenheim, bekannt als Paracelsus, lautete: “Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.” [Paracelsus: Die dritte Defension wegen des Schreibens der neuen Rezepte. In: Septem Defensiones 1538. Werke Bd. 2, Darmstadt 1965, S. 510.] Zeno.org

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert